Fate und Schätze
Greifenklaue hat den Karneval der Rollenspielblogs im August 2016 unter das Thema „Geld, Gold und Schätze„ gestellt. Schätze sind ein der Basisideen des Rollenspiels. D&D hat mit seinem Spielprinzip – der Neusprech von Videospielentwicklern spricht von einem Core Game Loop – „Explore, Kill, Loot & Level“ (Erkunden, Kämpfen, Beute einsammeln und eine Stufe aufsteigen) ein ganzes Genre begründet – Spiele wie World of Warcraft oder Diabolo basieren bis heute darauf.
Fate ist da schon ganz deutlich anders:
- Explore: Bei Fate kann der Spieler Fakten schaffen – er erkundet also nicht die exklusiv vom SL geschaffene Welt
- Kill: Ob Charaktere in Fate sterben (können) ist optional. Die Regeln nennen das „ausgeschaltet werden„. Kämpfe fühlen sich daher anders an als bei D&D.
- Loot: Fatecharaktere haben weder Ausrüstungslisten noch Geld auf den Charakterzettel
- Level: Und Stufenaufstieg gibt es auch nicht – insbesondere steigt man nicht auf, weil man Monster tötet, sondern weil die Geschichte einen Meilenstein erreicht hat.
Heute geht es mir um Loot – wie kann man mit Schätzen in Fate umgehen? Mir geht es dabei um den Haufen Goldmünzen, nicht so sehr um Schätze mit eigener Geschichte – ein tolles Schwert ist ein tolles Schwert, auch in Fate, und man kann damit Dinge tun. Mir geht es um Sachen, die einfach nur wertvoll, sonst aber nutzlos sind. Goldmünzen eben…
Inhalt
Aspekt „Reich wie Krösus“ mit mehreren kostenlosen Nutzungen
Meine Charaktere in einer Dresden Files Kampagne haben mal einen Drachenschatz erhalten. Den habe ich genau so abgebildet (streng genommen als Pyramide mit unterschiedlichen Boni, aber das Prinzip ist das selbe): Als Aspekt, den man (mehrfach kostenlos) nutzen kann, wenn Geld hilfreich ist. Meine Spieler haben davon kaum Gebrauch gemacht, was mich an diesem Ansatz zweifeln lässt. Aber: Eigentlich ist Geld was Feines, auch in Fate, und ich kann mir eine Menge Situationen vorstellen, wo Geld hilft: Verführen (Ob Diamantcollier oder Bling-Bling), Überreden (mit Barzahlung), Kontakte spielen lassen, etc – Geld schmiert fast alle sozialen Interaktionen. Es muss nicht immer der Wurf auf Ressourcen sein, der durch den Aspekt befördert wird.
Beuteslot nach Art von Malmsturm
Eine interessante und für das S&S-Genre sehr genial wirkende Idee sind die Beuteslots von Malmsturm 2. Ausgabe. Ich weiß auch nicht mehr darüber, als LordBorsti im Tanelorn verraten hat, aber das Ganze hört sich so an:
- Jeder Charakter hat Beute-Slots, die er im Laufe seiner Abenteuer füllen kann. Die Slots sind wie ein Schub (engl. Boost) zu behandeln, können also einmal für einen +2 Bonus oder reroll für einen Fertigkeitswurf verwendet werden, wenn es narrativ passt bzw. begründet wird.
- Beute können Reichtümer, magische Gegenstände (z.B. Heiltränke), Waffen (Schwert des Ogertötens) aber auch immatrielle Beute wie neue Kontakte, wertvolle Informationen oder persönliche Erfahrungen sein.
- Beute gibts nach jedem kleinen Meilenstein (minor Milestone) oder wenn es sich aus der gemeinsam erlebten Geschichte ergibt.
Mir ist dabei noch nicht ganz klar, ob das für mich als PC eine Einschränkung bedeutet, weil ich nicht mehr 15 magische Waffen mit mir führen kann, oder ob die Beschränkung nur für die Boosts gilt. Und: Muss ich die Beute definieren, wenn ich sie in den Slot tue? Je nachdem, welche Entscheidung ich treffe, wird das Spiel anders. Malmsturm sollte vermutlich eng beschränken: Also Beute nur in den Slots zulassen und im Slot bereits definiert haben – aber das kann man auch anders machen, je nach angestrebtem Spielgefühl.
Narrative Permission
Ein Schatz kann auch eine Erlaubnis sein, eine Geschichte (anders) zu erzählen. Wenn ich mich als neuer Eigentümer von Smaugs Schatz etabliert habe, dann wirkt sich das auf die Geschichte aus – ich bin ganz offensichtlich ein angesehener Zwerg, unbestreitbar wichtig. Ich kann alles plausibel in meiner Geschichte nutzen, was man für Geld erwerben kann. Wenn man Geld gar nicht mechanisch abbilden möchte, so wirkt sich der Besitz eines Schatzes trotzdem auf die Narration aus.
Geld als Stresstrack
Wenn es wirklich um Geld (oder genauer gesagt den Mangel daran) gehen soll (und das muss man sich schon überlegen, ob man das wirklich will), dann kann man Geld als Stresstrack behandeln. Wie lang er ist, ergibt sich aus Ressourcen. Ein Wurf auf Resourcen kann, wenn er nicht aussreicht, die Differenz auf dem Stresstrack auffangen (der sich aber nach der Szene nicht leert). Ein Schatz wäre dann die „Heilung“ des Stresstracks. Sinnvoll wäre dieses Vorgehen aber nicht für klassische Fantasy (Dungeons ausräumen, Welten retten), sondern für eine Händlerkampagne. Das Fate3-Spiel Diaspora macht das deshalb genau so, das ja stark von Traveller als Spielprinzip inspiriert ist.
Schätze als Extras
Eine letzte Idee, wie man einen Schatz mechanisch anbinden kann, ist die Verwendung als Extra. Was das Extra kann (und deshalb auch, wie teuer es ist), hängt natürlich von der Spielwelt ab, deshalb sind Beispiele schwer zu bilden. Spielt man einen Drachen, so ist das Extra:Schatz sicherlich mit so Vorteilen wie „Zugang zum Heiratsmarkt“ und „Neid und Missgunst meiner Konkurrenten erfreuen mich“. Ist man ein Baron in einer Fantasywelt, sind die Vorteile sicherlich andere – evtl. kann man dann den Schatz als Offensivwaffe einsetzen oder (über Söldner) seine militärische Stärken erhöhen. Im Ergebnis vermutlich zu kompliziert, um den Aufwand wert zu sein.
Fazit
Ohne den core game loop von D&D verändert ein Schatz seine Funktion. Er macht die Spieler nicht mehr mächtiger, sorgt nicht mehr für WBL-Balancing oder für eine bessere Rüstung. Er muss daher eine narrative Bedeutung erlangen, oder er ist funktionslos. Er kann dazu dienen, eine Kampagne in eine andere Richtung zu leiten (Der kleine Hobbit ist eine ganz andere Geschichte, nachdem der Schatz erobert wurde als vorher) oder Ausgangspunkt der Spielerhandlungen werden. Waren einst noch Regeln wie „jede erbeutete Goldmünze ist ein Erfahrungspunkt“ und später die „WBL-Tabelle„, nach der jeder PC auf Level 10 Ausrüstung in Höhe von 49k Gold haben muss, um gebalanced zu sein, dafür da, den Schatz mit Bedeutung aufzuladen, so muss er in Fate ohne all das auskommen und für sich selbst stehen. Und das macht Münzen langweilig…
… aber Schätze müssen ja nicht aus Münzen bestehen. Doch dazu ein anderes Mal.
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