Eagle Eyes #4: Fate Noir

Die neue Abenteuerwelt Eagle Eyes – In den Schatten Roms lässt die Spieler Noir-Geschichten im antiken Rom erleben. Das Noir Genre ist jedoch nicht jedem ein Begriff, darum schalten wir die Welt einmal auf Schwarz/Weiß, tauchen ein in dreckige Straßenschluchten, die auf symbolische Weise die Seelenwelt des zynischen Protagonisten widerspiegeln und betrachten, was Noir eigentlich so sein kann. Eagle Eyes – in den Schatten Roms erscheint am 23. März. Zur Heinzcon wird es ein paar Exemplare schon vorab geben.

 

Für eine bessere Lesbarkeit verzichten wir an dieser Stelle auf eine längere Geschichtsstunde. Wer wissen möchte, was Noir mit deutschem Expressionismus, Freud’scher Psychologie und dem 2. Weltkrieg zu tun hat, der schaut am besten in den zugehörigen Wikipedia-Eintrag (https://de.wikipedia.org/wiki/Film_noir). Auch soll an dieser Stelle kein Unterschied zwischen Film Noir und Neo Noir gemacht werden, da wir uns an dieser Stelle vor allem der Frage zuwenden, was Noir eigentlich für eine Fate-Spielrunde bedeuten kann. Der Einfachheit halber sprechen wir in diesem Artikel von „Noir“.

 

Grundlegende Stimmung im Noir

Eines ist allen Noir-Geschichten gleich: Sie sind keine fröhlichen Geschichten und auch keine Epen über glorreiche Helden, in denen am Ende alles gut wird. Überhaupt sucht man den Guten in diesen Geschichten meistens vergeblich. Stattdessen erzählen sie von Verzweifelten, Desillusionierten und von ihrer Vergangenheit Getriebenen. Sie stolpern durch Straßenschluchten und werden in harte Lichtkegel getaucht, die tiefe Schatten in ihre Gesichter zeichnen.

 

Die Welt des Noir ist ein dreckiger, alles verschlingender Moloch, aus dem es kein Entrinnen gibt. Manche versuchen, ihm zu entfliehen, andere suchen Absolution und wieder andere wollen einfach in ihr überleben. Niemand lebt ein glückliches Leben, und für viele ist es nur eine abwärtsführende Spirale der Gewalt.

 

Wiederkehrende Archetypen

Das Noir hat mehrere Archetypen, die sich in vielen Geschichten wiederfinden und die sich als Anregung für SC und NSC eignen könnten.

 

Wahrheitssuchende: Entgegen der Erwartung wurde diese Rolle nur ganz selten von Privatdetektiven eingenommen. Stattdessen waren es Gesetzeshüter, aber auch Verbrecher und Frauen, die sich der Suche nach meistens einer ganz bestimmten Antwort verschrieben haben und dafür durch die Hölle gehen. Nicht selten ist diese vermeintliche Suche nach etwas Äußerem auch eine versinnbildlichte Reise in das eigene Innere, und am Ende findet diese Figur mit der gesuchten Antwort auch eine schreckliche Wahrheit über sich selbst heraus. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist der Film „Angel Heart“ mit Mickey Rourke und Robert De Niro.

 

Gejagte: Diese Figur ist existenzialistisch und gleichzeitig fatalistisch, was auch daran liegen kann, dass Sie keine ruhige Minute findet und sich die gesamte Geschichte über auf der Flucht befindet. Diese Flucht kann eine tatsächliche Flucht vor menschlichen Verfolgern sein oder aber auch ein Stolpern durch eine Welt, die sie mit ihrer scheinbaren Absurdität vor sich her scheucht und dazu bringt, Verbrechen zu begehen, um dagegen anzukämpfen.

 

Femme fatale: Die wohl bekannteste Rolle und eine zwiegespaltene noch dazu. Lange Zeit wurde sie lediglich als die „Böse Frau“ angesehen, die sprichwörtlich über Leichen geht. Doch bietet der Charakter der Femme fatale in einer narrativen Welt, wie sie das Noir eröffnet, bei weitem mehr Betrachtungsweisen. In einer brutalen und patriarchischen Welt steht sie für sich selbst ein und ist dazu bereit, jede ihr zur Verfügung stehenden Waffe zu nutzen, um einen Ausgleich zu schaffen. Darunter eben auch ihre Sexualität. Sie ist es aber, die über das wie und wann entscheidet.

 

„Ich konnte meine Schritte nicht hören. Es war, als ob ein Toter geht.“

Ein weiterer wichtiger Punkt, wenn es um Noir geht, ist die besondere Sprache. Das kann die Erzählerstimme aus dem Off sein, mit deren Hilfe der Protagonist dem Zuschauer näher rückt oder die Gespräche der Charaktere untereinander. Voller trockenem Humor, Anspielungen und Metaphern sind es nicht selten eben diese Szenen, die im Kopf bleiben. Die Charaktere leben in einer kalten und erbarmungslosen Welt, die ihnen keine Zeit lässt, lange um den heißen Brei herumzureden, sie dafür aber mit einer ordentlichen Portion Galgenhumor ausgestattet hat. Und nicht selten wird durch einen bissigen Spruch die nächste Katastrophe bereits vorausgedeutet: „Wie sollte ich ahnen, dass Mord zuweilen wie Jasmin duftet?“

 

Und wo bleibt da der Spaß?

Für einige wahrscheinlich eine berechtigte Frage. Es wird Spieler geben, die genau diesen Fatalismus in ihrem Spiel wiederfinden wollen. Jedoch wird es auch genug geben, die ein Licht am Ende des Tunnels sehen wollen. Die Gruppe sollte sich im Vorhinein darauf einigen, wie stark der Noir-Anteil im Spiel letztlich sein soll. Ist es einfach nur ein thematischer Überbau, dass es um organisiertes Verbrechen geht und die Charaktere sich bei ihren Taten auch im Graubereich bewegen, oder soll der Dunkelheit in den eigenen Charakteren nachgeforscht und diese als elementarer Spielbestandteil betrachtet werden?

 

Grundsätzlich wäre es empfehlenswert, dass die eigenen Taten Konsequenzen haben und eben nicht immer zu einem Happy End für alle führen. Das höhere Ziel mag erreicht sein, aber den Spielern sollte auf die eine oder andere Weise erfahrbar gemacht werden, was es sie und andere gekostet hat. Je tiefer man an dieser Stelle in das Noir-Genre einsteigen möchte, desto härter sind die Entscheidungen, die getroffen oder die Konsequenzen, die von ihnen oder anderen getragen werden müssen. Das kann in einer direkten Konfrontation sein, wenn Geschädigte sich rächen. Es kann aber auch schon reichen, dass die Charaktere mitbekommen, was aus den Angehörigen ihres letzten Opfers wurde oder welche Wellen die Tat geschlagen hat.

 

Fate und Noir

Diese beiden sind wie für einander geschaffen. Die Archetypen, Themen und Zitate in Noir-Geschichten sind meistens schon Aspekte für sich. „Ihre Liebe fühlt sich wie Handschellen an“, „Femme Fatal“ und „Das (fast) perfekte Verbrechen“ bieten viele Möglichkeiten, eingesetzt und gereizt zu werden.

 

Eines sollte aber immer klar sein, Noir lebt von seiner Stimmung und davon, dass alle Charaktere ihre dunklen Seiten besitzen. Rechtschaffene Helden sucht man hier vergeblich. Zu Beginn mögen sie vielleicht noch naive Träumer sein, aber nach kurzer Zeit landen sie hart auf den Boden der Realität. Schon bald geraten sie in eine Spirale aus Verbrechen und Verrat. Es ist nicht die Frage, ob sie sich die Hände schmutzig machen, sondern wann und ob sie danach noch oben schwimmen.

 

Fate ist grundsätzlich ein System, bei dem die Spieler viel Macht in Händen halten. Um trotzdem unbequeme Situationen zu erschaffen und um das Noir-Gefühl zu unterstützen, sollte die Spielleitung ein Reizen von Aspekten nur zulassen oder selber durchführen, wenn es die Spieler vor große Probleme stellt, die sie zu unbequemen Entscheidungen zwingen. Auch sollte klar sein, dass nicht die Regeln die Stimmung am Tisch erschaffen, sondern die Spielgruppe. Die Spieler sollten sich ruhig trauen, dem Noir in ihren Charakteren nachzuspüren.

Gemeinsam könnt ihr Geschichten erschaffen, die mehr sind, als die Summe ihrer Teile.

 

Wilkommen im Fate-Noir.


düster, dreckig und geheimnissvoll

Eagle Eyes – In den Schatten Roms

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