Die Engel

Im Rollenspiel Engel schlüpfst du in die Rolle eines Engels der verschiedenen Orden der Angelitischen Kirche. Göttliche Macht durchfließt jede Faser deines Körpers und du bist Hoffnungsträger einer ganzen Glaubensrichtung. Und doch kämpfst du mit zutiefst menschlichen Emotionen und Gedanken, die dein Dienst auf Erden mit sich bringt. Engel sind vielschichtige Wesen – was macht sie genau aus?

 

Die Erzengel, ihre Himmel und ihre Orden

Am Anbeginn der Tage schuf der Schöpfergott acht Erzengel, von denen jedem ein bestimmter Aufgabenbereich übertragen wurde, in der er die Menschheit unterweisen und unterstützen sollte. Einem jeden den Erzengel haben die Menschen wiederum einen heiligen Orden gewidmet, der seinen jeweiligen Lehren folgt. (Mehr zu den Orden findest du unter Kirche und Templer).

Dem menschlichen Oberhaupt eines solchen Ordens, Ab oder Em genannt, erscheint der Erzengel von Zeit zu Zeit und trägt ihm neue Anweisungen vor, die dieser nach bestem Wissen zu erfüllen hat. Die Erzengel erscheinen ihren menschlichen Sprachrohren stets in den Himmeln, den gewaltigen Ordensburgen, die einst an acht Orten Europas zu finden waren. Mittlerweile ist der Himmel der Ragueliten dem Fegefeuer zum Opfer gefallen und der Himmel der Samaeliten von einem solchen umschlossen, sodass man über den Zustand und den Verbleib dieses Ordens keine konkreten Aussagen treffen kann.

Die Sarieliten haben keine Ordensburg, die man mit den anderen vergleichen könnte. Sie finden sich auf einem Campus, der in der Nähe des Himmels der Michaeliten zu finden ist: ein großer, offener Platz mit Gebäuden, in denen die jungen Engel ausgebildet werden und die älteren Engel eine Zuflucht finden. (Mehr zu den Himmeln findest du unter Kirche und Templer.)

 

Die einzelnen Engelsorden, ihre Besonderheiten und Aufgaben sind im Detail noch einmal genauer beschrieben:

 

Kämpfende Orden:

 

Die Erscheinung der Engel

Für die Zeit, in der eine Engelsseele sich auf der Erde aufhält, nimmt sie eine fleischliche Hülle an, die von ihrer Gestalt her einem menschlichen Kinde gleicht. In der Makellosigkeit eines kindlichen Körpers spiegelt sich die Reinheit des Engels. Denn mit der Zeit, die er auf Erden verweilt und umso mehr er von den Schrecken, die dort herrschen, erlebt, umso mehr altert auch seine Hülle und verliert die unschuldige Erscheinung. Sobald ein Engel optisch die körperliche Reife eines Erwachsenen erreicht, endet sein Dienst auf Erden und er kehrt an die Seite Gottes zurück.

Durch ihr junges Aussehen und die vorgegebene ordenstypische Haartracht und Kleidung wirken die Engel daher oft androgyn. Erst im höheren Alter bilden sich Merkmale aus, die einen Rückschluss auf das Geschlecht ziehen ließen. Ihre allzu menschliche und doch wunderschöne und makellose Erscheinung zeigen sie, damit sie sich nicht zu stark von den Menschen unterscheiden und sie so ihre Schützlinge nicht unnötig verschrecken.

Stärkstes Erkennungsmerkmal aller Engel ist sicherlich das beeindruckende Schwingenpaar, das die kindlichen Gestalten auf ihrem Rücken tragen – mit Ausnahme der Sarieliten, die keinerlei Flügel besitzen. Zwischen acht und zwölf Meter beträgt die Flügelspannweite eines Engels und geben dem Engel, sei er auch noch so klein, eine beeindruckende Gestalt. Wenn er die Schwingen zusammengelegt hat, ragen sie ein gutes Stück über den Kopf hinaus und berühren mit den Schwungfedern gerade den Boden.

 

Die Zeichen der Engel   

Die Engel aller Orden tragen Gotteslinien und -symbole auf der Haut, die wie ein Netz aus haarfeinen, schwarz-blauen Adern über ihren ganzen Körper verteilt sind. Diese sind jedem Orden eigen und können einem erfahrenen Beobachter auch die Weihestufe des Engels zeigen. Durch ihre eigenartige aber präsente Anordnung verleihen sie dem Gottesboten eine mystische und übernatürliche Komponente.

 

Die Kleidung der Engel

Fast alle Orden tragen einen weißen Kriegsrock, der um die Hüfte geschlungen und mit zahlreichen Gurten festgebunden wird. Am Saum ist eine Borte in der Ordensfarbe des Engels vernäht, was die Zuordnung selbst für einen Laien einfach gestaltet, wenn er die ordenseigenen Regularien der Erscheinung nicht kennt. Viele Engel tragen dazu noch Armstulpen. Bei Gabrieliten ist diese Kleidung gänzlich schwarz und wird um ein Tuch, mit dem sie sich die Haare zurückbinden, erweitert. Samaeliten trugen einst eine scharlachrote Ordenstracht. Auf Schuhe verzichten die Engel grundsätzlich, denn ihr Reich sind die Lüfte, nicht der Boden.

Als Auszeichnung werden den Engeln für besondere Taten Votivbänder überreicht. Diese langen, weißen Bänder mit aufgestickten Segenssprüchen gelten als besondere Ehre und werden ebenfalls als Schmuck an Kleidung, Körper und Ausrüstung angebracht. Sie gelten jedoch nur als Auszeichnung und nicht als Rangabzeichen unter den Engeln.

 

Die Mächte der Engel

Engel sind versierte Kämpfer, gebildete Wissenshüter, vielseitige Überlebenskünstler und gescheite Taktiker. Sollte ein Sterblicher einen Engel einmal bei seiner ihm zugedachten Aufgabe beobachten dürfen, muss er sich bald eingestehen, dass er sich auf einem Niveau weit über dem Menschlichen bewegt.

Ein Engel, der gerade erst in die Welt gekommen ist, beginnt mit der ersten Weihestufe, dem Signum, das sich in den feinen Gotteslinien auf seiner Haut widerspiegelt. Seine göttlichen Mächte sind überschaubar, wenngleich einem Menschen noch immer weit überlegen. Einige Engel heilen schwere Wunden mit einer einfachen Berührung, andere sprechen ohne Worte über weite Entfernung, wieder andere sehen in absoluter Dunkelheit.

All diesen Fähigkeiten ist aber gemein, dass kein Engel sie unbedacht gegen seinesgleichen oder einen frommen Menschen richten würde. Auch wird ein Sendbote Gottes seine Fähigkeiten nicht unbedacht einsetzen, da ihre Nutzung ihre stofflichen Körper schwächt und sie bei zu häufigem Gebrauch zur Ruhe zwingt.

Nach Jahren des Dienstes auf Erden wird ein Engel wieder zum Himmel gerufen, wo er seine nächste Weihestufe, die Sigil, erhält. Wann er dazu bereit ist, erfährt der Engel meist unterbewusst und er kehrt von sich aus zu seinem Heimathimmel zurück. Kaum hat er die zweite Weihestufe erhalten, prägen sich auch schon neue göttliche Gaben aus, auf die er von nun an Zugriff hat. Auch das Netz seiner Gotteslinien wird ein wenig dichter.

Ältere Gottesboten erfahren auch noch eine dritte Weihestufe, die Scriptura. Wie auch bei der Sigil geht sie mit neuen Mächten einher und veränderte Gotteslinien zeigen eben diese Macht auch nach außen, indem sich das feine Geflecht stärker und ausgeprägter über ihre Körper spannt.

 

Der Lebenswandel der Engel

Engel sind keine Menschen, auch wenn sie von ihnen zu Beginn ihrer Zeit auf Erden ausgebildet werden. Blickten sie vorher als allgegenwärtige Beobachter auf die Welt herab, vergessen sie, kaum zur Erde gefahren und an eine stoffliche Hülle gebunden, ihre Zeit an der Seite Gottes – ein Geschenk des Einen, damit seine Streiter die himmlischen Gefilde nicht zu sehr vermissen. Somit müssen die Engel zunächst vieles neu lernen, was den Menschen bereits zu eigen ist.

Im Laufe der Grundausbildung, die sie noch in ihren Himmeln erfahren, verlieren sie auch das Bedürfnis, zu schlafen, wie die Menschen es tun, und ersetzen diese Ruhephasen durch eine effizientere Meditation. Diese erfordert nur vier Stunden Zeit, um die Kraftreserven des Körpers wieder aufzuladen, und sie hält den Engel bis zu einem gewissen Grad noch in einem wachähnlichen Zustand.

Auch die Nahrungsaufnahme kann ein Engel begrenzen. Obwohl es ihm möglich ist, menschliche Nahrung zu sich zu nehmen, so ist doch das sogenannte Himmelsbrot, die Speise, die man ihnen in Himmeln und Klöstern reicht, nahrhafter und lässt sich besser transportieren, da im Umkehrschluss viel weniger Proviant mitgeführt werden muss. Diese länglichen, süßen Riegel stellen die Hauptnahrungsquelle für Engel dar.

Nicht nur durch ihre militärische Schulung zu Beginn ihrer Dienstzeit auf Erden, sondern auch durch ihre gottgegebene Gestalt, sind Engel kräftiger, geschickter und widerstandsfähiger, als es ein gewöhnlicher Mensch wäre. Oft wird ein Engel ob seiner kindlichen Gestalt in diesem Punkt leichtfertig unterschätzt, bis die spöttelnden Ungläubigen ihre Fehleinschätzung schmerzhaft erkennen müssen.

 

Das Gebaren der Engel

Auch wenn die Gottesboten einem Menschen an Macht weit überlegen sind, pflegen sie ihre Schützlinge nicht herablassend oder entwürdigend zu behandeln. Beizeiten aber fordern sie doch den ihnen zustehenden Respekt ein, denn sie stehen schließlich für die Menschen ein, sollte der Widersacher Feinde entsenden, um die Menschen zu peinigen.

Dennoch gibt es oft eine diskrete Distanz zwischen Mensch und Engel. Einigen Engeln fällt es schwer, ein freundschaftliches oder familiäres Verhältnis zu einem Menschen aufzubauen oder im Umkehrschluss ein allzu vertrautes Verhalten eines Menschen zu dulden. Die Sendboten des Herrn achten die Erdenbewohner als ihre Schützlinge und ihnen Schaden zuzufügen würde ihre göttliche Bestimmung verfehlen. Doch sehen sie sich auch als Wächter, die aus der Distanz wachen und nicht unter den Menschen leben. Andere Engel hingegen sind von den Menschen und ihren Eigenheiten besonders fasziniert und suchen den Kontakt, wo immer es geht. Man kann sagen, das Verhalten eines Gottesboten unterscheide sich von Orden zu Orden und von Engel zu Engel.

Untereinander ist das Verhalten der Himmelsboten schon ein ganz anderes. Wenngleich der direkte Körperkontakt noch immer ungewöhnlich ist, so sind sie doch wie Geschwister verbunden und betiteln sich auch ebenso. In den meisten Fällen stehen Engel füreinander ein. Und dennoch haben die Engel häufig eine stärkere Bindung zu den Geschwistern ihres Ordens als zu ordensfremden Engeln. Allerdings würde ein Ramielit auch einen Gabrieliten als Bruder oder Schwester bezeichnen, unabhängig von den unterschiedlichen Ansichten, die ihre Orden vertreten.

Allgemein begegnen sich Engel mit gegenseitiger Anerkennung, dessen Ausprägung sich von Orden zu Orden allerdings stark unterscheiden kann. Wo bei den Gabrieliten freundliche Provokationen und Sticheleien an der Tagesordnung sind, findet man bei den Michaeliten wohl eher wortreiche Dispute über die Auslegung des Dogmas. Ein Sendbote des Herrn würde einen anderen jedoch niemals angreifen oder verletzen. Auch sich gegenseitig in Verruf zu bringen ist äußerst unüblich, doch manchmal färbt die Grobschlächtigkeit der Welt während der Zeit auf Erden zu sehr auf die Himmelsboten ab.

In jedem Fall sind Verrat oder Zwietracht keine Verhaltensweisen, die Menschen von Engeln erwarten würden. Ihre Einheit und Verbundenheit wird im Volksmund daher hochgelobt.

Trifft ein gewöhnlicher Gläubiger auf einen geflügelten Boten, so wird er ihn in den meisten Fällen mit überschwänglichem Respekt behandeln. Es geschieht nicht oft, dass ein Laie auf einen Engel trifft, daher wissen die wenigsten, wie sie sich angemessen verhalten müssen. Um keinen Fehler zu begehen, wenden sie  jedes bisschen Etikette an, von dem sie einmal gehört haben. Nicht selten kommt es auch vor, dass ein Bauer, sollte solch ein göttliches Geschöpf tatsächlich in seinem Dorf landen, von Zweifeln geplagt wird, ob sein Lebenswandel auch jederzeit fromm genug war, oder ob der Bote einen Grund hat, ihn für seine Vergehen zu richten.

Anders ist das bei Kirchendienern. Die meisten haben während ihrer Ausbildung im Himmel zumindest schon einmal einen Engel gesehen, wenn auch nicht gesprochen. Sie werden aber im korrekten Umgang mit Engeln geschult und haben daher das Wissen, wie angemessen mit ihnen zu verfahren ist. Noch immer respektieren und verehren angelitische Kleriker die Engel als Gottesboten, fürchten sie aber in den meisten Fällen nicht, wenn sie sich selbst nichts zu Schulden kommen ließen.

Eine besondere Stellung nehmen Engel bei den Templern ein. Sie nehmen sich an den Gottesboten ein Beispiel und betrachten sie als ihre größten Vorbilder. Daher ist in den Kreisen der Kirchenkrieger eine besondere Verehrung der Engel nicht unüblich und spiegelt sich nicht nur darin wider, dass sich Templer in Kleidung und Haartracht an den geflügelten Boten orientieren: Manche Templer lassen sich sogar ein Tattoo stechen, das an die Gotteslinien erinnert, um ihrer Verehrung Ausdruck zu verleihen.

 

Die Scharen

Nach seiner Engelsweihe, die traditionell in Roma Æterna stattfindet, wird ein Engel einer Schar zugeteilt. Standardmäßig besteht sie aus fünf Engeln, je einem aus jedem Orden abzüglich der Sarieliten, die ihre geflügelten Geschwistern nur schwerlich auf Missionen begleichen können. So kommt jedem Scharmitglied eine klare Aufgabe zu. Im Verlaufe der Zeit ist es natürlich möglich, dass je nach Geschehnissen oder Einsatzgebieten die Vertretung der Scharmitglieder variiert.

Eine Engelsschar nimmt einen besonderen Stellenwert ein. Mittels der Seele der Schar, einer Macht der Michaeliten, kann sich der Michaelit telepathisch mit seinen Scharmitgliedern verbinden. So eint sie schon bald mehr, als nur die nominelle Einteilung zu einer kirchlichen Spezialeinheit. Gerade mit den Jahren, die eine Schar gemeinsam verbringt, lernen die Engel die verschiedenen Persönlichkeiten ihrer Geschwister kennen und können deren Befähigungen besser einschätzen. Die Schar entwickelt das Gefühl einer Einheit, die so leicht nicht zerbrochen werden kann, obwohl es natürlich immer wieder zu Diskussionen, Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten kommen kann. Wenn es aber darauf ankommt, stehen die meisten Scharmitglieder für ihre Geschwister nur allzu bereitwillig mit ihrem Leben ein.

Umso schmerzlicher ist der Verlust eines Mitgliedes, hinterlässt es doch immer eine Leere, die schwer auf dem Rest der Schar liegt. Ob es nun der Tod seiner fleischlichen Hülle ist, oder die Versetzung in ein anderes Gebiet: Wo der Bruder oder die Schwester vorher im Gefüge der Schar stand, klafft nun eine Lücke.  Die anderen Geschwister bleiben mit einem Gefühl des Verlusts zurück, das sich erst mit der Zeit wieder legen wird.

Letztlich ist den Engeln aber bewusst, dass ihre Zeit auf Erden begrenzt ist, und einer höheren Aufgabe dient. Obwohl ihnen dieses Wissen selten über die Schwermut hinweg hilft, tröstet sie der Gedanke daran, dass sie ihre Geschwister spätestens an Gottes Seite wiedersehen, wohin sie nach ihrem Dienst auf Erden zurückkehren.

 

Das Leben auf Erden

Als göttliche Wesen entstammen Engel den himmlischen Sphären am Fuße von Gottes Thron. Für einen Menschen ist dieser Ort nicht zu erreichen: Der Glaube an eine unsterbliche Seele ist in der Angelitischen Kirche nicht verbreitet und so kehrt selbige nach dem Tod auch nicht zu Gott zurück. Anders ist es bei den Sendboten Gottes. Als unsterbliche Wesen sind sie an Gottes Seite, bis er sie zur Erde entsendet, damit sie den Menschen beistehen. Da die Engel einen Körper benötigen, um in der stofflichen Welt zu wirken und den Menschen zu begegnen, bekommen sie ihre kindliche Gestalt.

Zu Beginn noch verwirrt sie die neue Umgebung und der Körper fühlt sich seltsam fremd an. Sie erwachen stumm und benommen in einem Raum in ihrer Ordensburg. Ein kirchlicher Bediensteter, ein Nonnus oder eine Nonna, nimmt den neu angekommenen Engel in Empfang. Noch sind die Körper der Gottesboten klein und schwach, die Flügel nur armlange Knospen, ihre übersinnlichen Kräfte noch nicht erwacht. Die ersten Erfahrungen der Engel variieren von Orden zu Orden, doch zu Beginn ist allen gleich, dass sie die lateinische Sprache, ihre Aufgabe auf Erden und überhaupt die grundsätzliche Orientierung in dieser Welt kennenlernen, denn die Reise hierher hat sie geschwächt und ihnen viele ihrer Erinnerungen genommen.

Doch Engel lernen schnell. Nach der Engelstaufe, wie ihre Niederfahrt zur Erde genannt wird, brauchen sie nur wenige Wochen, bis ihre Sprache und die Flügel voll ausgebildet sind. Auch die körperliche und geistige Ausbildung schreitet viel schneller voran, als es bei einem Menschen der Fall ist. In wenigen Monaten erlernen sie Kirchenrecht und -politik, Taktik, Geschichte, Geographie und Kampfkunst. Die meisten Engel werden nach einem Jahr bereits nach Roma Æterna entsandt, wo sie ihre Engelsweihe erhalten und schließlich einer Schar zugeteilt werden.

Von da an beginnt ihr Dienst in der Angelitischen Kirche. Für die nächsten zwölf Jahre werden sie in verschiedenen Himmeln und Klöstern stationiert sein, Aufgaben erhalten und erfüllen, Gräuel erfahren und verhindern und Geschwister kommen und gehen sehen.

 

Die höheren Engelsweihen

Mit steigendem Alter und zunehmenden Erlebnissen gibt es, wie bereits zuvor erwähnt, die Momente, in denen der Engel seine Macht ausbaut und er bereit für die nächste Weihestufe wird. Er hat nun genug von der Welt erfahren, gelernt, sich hier angemessen zu bewegen und zu handeln, sodass Gott ihm mehr Macht zur Verfügung stellt, damit er noch größere Taten vollbringen kann. Die Ehre einer neuen Weihestufe erhält der Engel ausschließlich in seinem Himmel. Dieses einschneidende Ereignis durchlebt der Engel in einem tagelangen Prozess voller Rituale und Feierlichkeiten getrennt von seiner Schar, doch oft wird es in eben diesem Kreise im Anschluss ein weiteres Mal zelebriert.

 

Die Läuterung

Der Dienst auf Erden endet bei den meisten Engeln mit der Läuterung. Nach beschwerlichen Jahren im Auftrag der Kirche darf der Engel endlich zu Gott  zurückkehren Auch für seine Läuterung wird der Engel zu seinem Himmel zurückbeordert. Die Verabschiedung von seiner Schar ist oft ein schmerzhafter Moment, aber den letzten Weg auf Erden geht ein Engel ohne seine Gefährten. In einer einsamen Kammer in seinem Himmel streift er seine körperliche Hülle ab und lässt die Verderbtheit und das Leid nicht nur symbolisch hinter sich, wenn er zu seinem Herrn aufsteigt.

Nicht immer ist das Ende eines Engels aber so friedlich wie die Läuterung. Wenn auch der Engel selbst unsterblich ist, so ist es seine körperliche Hülle jedoch nicht. Sollte sie durch Verletzungen derart beschädigt werden, dass sie nicht mehr zu nutzen ist, flieht der Engel schon frühzeitig in den Himmel und lässt seinen reglosen Leib zurück. Wenn es möglich ist, werden seine Schargeschwister den Körper dennoch zum nächsten Himmel bringen – die Ramieliten fordern sogar vehement ein, dass die Körper ihrer Engel stets zurück zu ihrer Ordensburg in Prag gebracht werden. Sollte es dazu aber nicht die Gelegenheit geben, wird der Bruder oder die Schwester mit Blick zum Himmel und ausgebreiteten Schwingen und Armen auf den Rücken gelegt. Dann bedecken seine Geschwister ihn mit kleinen Steinen, bis nichts von ihm übrig bleibt, als ein kahles Hügelgrab.

Ein anderer Fall ist die Verderbnis des Widersachers, die auch vor Engeln nicht immer Halt macht. Zwar sind sie den Einflüsterungen des Herrn der Fliegen standhafter gegenüber, doch nicht immer ist dies ein Garant für ihre seelische Unbeflecktheit. Zeigt ein Engel demnach ketzerisches Gedankengut oder wird er durch seine unkirchlichen Taten sogar zur Gefahr, so sprechen besorgte Scharmitglieder oft einen Nonnus oder eine Nonna an, die auch jetzt noch ihre Berater in diffizilen Fragen sind. Entscheiden auch diese Kirchendiener in Absprache mit der Ordensleitung, dass der Engel zu sehr befleckt ist, als dass man ihm auf Erden noch helfen kann, wo wird seine Seele frühzeitig in die Hände des Herrn gegeben, auf dass sie keinen noch größeren Schaden von ihrer Zeit auf Erden davonträgt.

 

Die Zahl der Engel

Die Menge der Engel, die sich auf Erden befindet, ist nicht genau nachzuhalten und nur als Schätzwert anzugeben: In einem Himmel sind meist 1.500-2.000 Engel. In Klöstern wird oft nicht mehr als eine Schar stationiert, wenn es nötig ist, also kommen pro Ordensland noch etwa 200 bis 300 Engel hinzu. Bei derzeit fünf Ordensländern ist eine grobe Schätzung von 8.500-11.500 realistisch, schwankt aber stark in Zeiten des Krieges.

 

Ihre Namen und Sprache

Auf Erden ist es wichtig, sein Gegenüber bezeichnen zu können. Wie auch die Menschen erhalten Engel demnach bei ihrer Taufe einen Namen. Eigen ist diesen Namen, dass sie alle auf -el enden. Tatsächlich ist ein Name dieser Art für Menschen verboten und keine Mater und kein Pater würde ein Kind je auf solch einen Namen taufen.

Auch untereinander sprechen sich die Engel mit ihren Namen an. Da sie vertraute Geschwister sind, wählen sie auch meist das „Du“ als Anrede. Selbst für Kirchenmitglieder, die ihnen unbekannt sind, wählen sie keine höflichere Form, was keinesfalls abwertend, sondern eher familiär zu betrachten ist. Für höhere Würdenträger wählt ein Engel aus Anerkennung und Respekt beizeiten auch das förmliche „Ihr“, es ist ihm aber nicht vorgeschrieben und rührt eher von einer menschlichen Konvention her.

Neben der lateinischen Sprache, die jeder Engel zu Beginn seiner Zeit auf Erden lernt, ist es ihm gestattet, auch die gemeine Sprache der Menschen zu erlernen ‒ ein Gemisch der früheren europäischen Sprachen, das Common genannt wird. Selbst diese Kontinentalsprache weist je nach Ordensland noch verschiedene Dialekte auf. Lesen und Schreiben gilt im Übrigen als ketzerische Fähigkeit und ist den Engeln wie den meisten Menschen auch untersagt. Lediglich den Angehörigen des Ordens der Ramieliten ist es erlaubt, Sprache zu Papier zu bringen und lesen zu dürfen.